Kampf über der Schwäbischen Alb

Martin Rieger, einer unser jungen Wettbewerbspiloten, nahm mit der vereinseigenen LS4 an Landesmeisterschaften der Junioren in Grabenstetten teil. Hier berichtet er von seinen Eindrücken.


Text: Martin Rieger

Anreise, Konkurrenten und Teamkollegen

Die Anreise zu meinem ersten Wettbewerb in einem Einsitzer erfolgte drei Tage vor dem eigentlichen Wettbewerbsstart, da ich dadurch die Möglichkeit sah, das Umfeld fliegerisch erkunden zu können. Ich sollte das erste Mal auf der Schwäbischen Alb auf Strecke gehen, weshalb mir die Trainingstage sehr gelegen kamen. Außerdem bot die frühe Anreise mir, mich mit meinen Konkurrenten zu unterhalten und eventuell sogar einen Teamkollegen zu bekommen. Schon beim Zeltaufbau kam ich in Kontakt mit den NRW-Teams, welche mit den beiden Förderflugzeugen des Landesverbandes angereist waren. Da mein erster Rückholer Max erst zum letzten Trainingstag eintreffen konnte, war ich froh über die Gesellschaft.

Die ersten Trainingstage

Der Wind an den ersten beiden Trainingstagen war doch sehr stark und so konnte maximal Hangflug betrieben werden, was ein paar meiner Kommilitonen unter Anleitung eines Einheimischen wahrnahmen. Dabei entstanden sehr gute Hangflugvideos vor der Burg Teck.
Für den letzten Trainings- und damit Pflichttrainingstag wurden sehr gute Bedingungen erwartet. Das NRW-Team plante sogar ein 450-km-Dreieck bis in die Schweiz. Die nicht verpflichtende Aufgabe, die von der Wettbewerbsleitung ausgegeben wurde, sollte auch eher eine Übung für das Auswertungsteam sein.

Fliegen unterhalb des Fernsehturms

Kurz nach dem Start wurde klar, dass das Wetter doch nicht so gut war wie angesagt. Die Basis war unter dünnen Cumulanten maximal 1100 Meter über Grund, was den ersten Flug in dieser Gegend doch ein wenig erschwerte. Demnach wollte ich die nur 250 Kilometer große Aufgabe fliegen. Jedoch stellte sich selbst das als nicht sonderlich einfach heraus. Die erste Wende (Plettenberg) war ein Fernsehturm und lag schon knapp 1000 Meter über NN. Als ich dort ankam, war ich unterhalb des Turms und konnte mich nur noch ins Tal zur Thermiksuche begeben. Das ist ein Vorteil der Alb: Man kann relativ einfach ins Tal fliegen und bekommt nochmal ca. 300 Meter geschenkt. Dort konnte ich auch den rettenden Aufwind finden und die Wende nehmen.

Auf dem Rückweg trockneten die letzten Cumulanten auch noch weg, und ab da dachte ich mir, im Gleitbereich des Flugplatzes zu bleiben, aber die Aufgabe zu Ende zu fliegen. Die letzte Wende war 30 Kilometer von Grabenstetten entfernt und konnte deshalb zum Endanflug genutzt werden. Da am Abend das Briefing angesetzt war, wollte ich nicht außen landen und entschloss mich, doch abzubrechen und zum Platz zurück zu fliegen. Dies erwies sich als klug, da insgesamt nur zwei Piloten die Aufgabe geflogen waren, und viele Außenlandungen stattgefunden hatten.

Aufbauen, Briefing, Abbauen

Der erste Wettbewerbstag sollte dann blau und warm werden. Trotzdem entschloss sich die Wettbewerbsleitung, vor dem Briefing aufbauen zu lassen. Da standen wir dann nun mit aufgebauten und voll getankten Flugzeugen und warteten und warteten. Nachdem aber die zweite Partie Schnupperer abgesoffen war, wurde letztendlich doch neutralisiert. Es wurde am Abend aber noch lustig, da sich beim Lagerfeuer der Großteil der Mannschaften traf und über den so enttäuschenden Trainingstag philosophierte. Der zweite und dritte Wertungstag sollten ähnlich ablaufen. Erst aufbauen, dann Briefing, dann warten und letztendlich wurde neutralisiert und wieder abgebaut.

Der Deutsche Wetterdienst meldet mäßige bis gute Wolkenthermik

Dann ein Hoffnungsschimmer: Der DWD sagte für den vierten Tag mäßige bis gute Wolkenthermik voraus, von Überentwicklungen gestört. Jedoch sah unser Meteorologe wie an jedem Tag ein Wetterfenster in unserem Wettbewerbsraum, also wurde mit wachsender Zuversicht die Racing-Aufgabe in die Rechner und PDA’s einprogrammiert. Als das Wetterfenster schließlich kam, und die Wettbewerbsfelder in der Luft waren, konnte unter wunderschönen Wolkenstraßen mit Steigwerten über 5 m/s zur ersten Wende gejagt werden. Doch es sollte nicht so bleiben. Die zweite Wende lag für die Clubklasse im Tal der Alb und komischer Weise im Blauen. Ich blieb also so lange wie möglich über der Alb mit den schönen Wolken und bog dann ins Blaue ab, ohne ein Zucken des Variometers vernehmen zu können. Erst weit nach der Wende, wieder an der Albkante, konnte ich die ersten schwachen Aufwinde nutzen, um wieder ein paar hundert Meter gut zu machen. Aber knapp sollte es trotzdem werden.

Sichere Landung auf frisch gemähter Wiese

Über dem Flugplatz hatte sich eine Abschirmung breit gemacht, und es wehte ein frischer Wind genau entgegen der Endanflugrichtung. Nachdem ich den letzten Meter aus dem Bart gequetscht hatte, zeigte der Endanflugrechner 270 m plus auf Grabenstetten. Also, dachte ich mir, das sollte reichen. Dabei unterschätzte ich jedoch den mittlerweile starken Wind, und die Endanflughöhe sank bis auf 90 Meter auf Grabenstetten. Da auch kein Aufwind mehr zu finden war, und zwischen mir und dem Flugplatz ein unübersehbares Waldstück lag, entschied ich mich für die schöne, frisch gemähte Wiese, die ich genau gegen den Wind anfliegen konnte. Nach der Landung musste ich feststellen, dass mir nur 3,7 km gefehlt hatten. Jedoch ärgere ich mich nicht über die Entscheidung, da sie meiner Meinung nach die sicherste Wahl war, und auch andere mit dem Tag zu kämpfen hatten.

An der Albkante entlang

Nach zwei weiteren neutralisierten Tagen konnte endlich wieder geflogen werden. Die Aufgabe war eine 270-km-Racing-Task an der Albkante entlang. Inzwischen konnte ich mich einem bayrischen Team anschließen, mit dem ich bis zum Ende zusammen flog. Der Tag war eigentlich nicht schlecht, jedoch nicht einfach. Die niedrige Basis und die schwer zu treffenden Wolken machten Teile der Strecke recht langsam. Jedoch entwickelte sich der Tag noch brauchbar, und das letzte Stück konnte nochmal richtig Gas gegeben werden. Der frühe Abflug stellte sich als schlechte Entscheidung heraus, da der Tag immer besser wurde, und wir genau in der Aufbauphase des Wetters losgeflogen sind. Jedoch sind wir alle herumgekommen, und das war auch schon nicht schlecht.

Schlechtes Timing

Am nächsten Tag sollte uns dieser Fehler nicht mehr passieren. Also achteten wir sehr darauf, wer wann abflog, um uns das richtige Timing zu sichern. Über der Abfluglinie standen noch schöne Cumulanten, aber es sah in Richtung erster Wende wieder schlechter aus. Eine dicke Abschirmung stellte sich uns in den Weg. Da sie sich, wie es schien, doch auflöste, warteten wir ab und blieben unter den tragenden Wolken. Aber mal wieder stellte sich unser Timing als schlecht heraus, und die Abschirmung kam ungeschwächt über die Abfluglinie und zwang uns, los zu fliegen.

Über der ersten Wende stand wieder die Sonne und mit 1300m über Grund lässt sich auch etwas anstellen. Aus den 1300 Metern wurden allerdings schnell 300 Mter und vier Flugzeuge suchten verzweifelt nach Thermik. Die Äcker schon längst ausgesucht und zwei Teampartner am Boden konnte ich doch noch in 250 Meter Höhe einen Bart ausmachen, der mich und meinen verbliebenen Kollegen auf immerhin 700 Meter über Grund beförderte. Nur reichte das nicht aus, um zum nächsten Bart in der sich entwickelnden Blauthermik zu gelangen, und somit mussten auch wir kurz darauf außen landen. Am Ende standen leider nur knappe 25 Kilometer auf dem Papier.

Dreimal 200 Meter über Grund

Der letzte Wertungstag sollte es noch mal in sich haben. Als Aufgabe bekamen wir eine 205-km-Racing mit relativ guten Bedingungen. Zwar mal wieder eine niedrige Basis, aber immerhin Wolken und keine Abschirmung. Als ersten Wende war wieder Plettenberg geplant und dies wieder bei der niedrigen Basis. Der erste Teil der Strecke ging auch einigermaßen, aber wir mussten zur Wende wieder ziemlich kämpfen. Zwei meiner Teamkollegen landeten auch schon kurz hinter der Wende.

Als Team erfolgreich

Mein verbliebener Partner und ich machten uns – nun unter schönen Wolkenstraßen – auf den Weg zur zweiten Wende. Die Wolkenstraßen waren für uns jedoch schnell zu Ende, da sie nicht auf Kurs lagen. Dort lagen leider nur kleinere Wolkenfetzen mit geringer Basis. Dazu kam noch eine Zwischeninversion, was die Basis zusätzlich verringerte. Ohne Team wären wir wahrscheinlich nicht so erfolgreich gewesen. Denn während der eine den Bart markierte, wendete der andere und umgekehrt. So konnten wir trotz der niedrigen Basis erfolgreich wenden. Am Ende waren wir beide drei Mal auf 200 Meter über Grund gesunken, aber jedes Mal konnten wir uns wieder ausgraben. Der daraus resultierende 7. Tagesplatz brachte mich in der Gesamtwertung nach zwei Außenlandungen nochmal ganz schön nach vorn, und am Ende konnte ich noch 12 Piloten von insgesamt 27 hinter mir lassen.

Ein unvergessliches Erlebnis mit viel Flugerfahrung

Für mich war dieser Wettbewerb ein unvergessliches Ereignis, bei dem ich viel Flugerfahrung sammeln konnte und mit den anderen Piloten und Helfern viel Spaß hatte. Somit will ich mich an dieser Stelle nochmal bei allen Beteiligten bedanken: Hanno Pinther, Jochen König und Rudi Fecker und natürlich dem restlichen Vorstand, die mir diesen Wettbewerb erst ermöglicht haben. Dann will ich auch meinen beiden Rückholern Max Winter und Lennart Schuster danken, die mich voll unterstützt haben. Darüber hinaus muss ich noch die unbeschreibliche Hilfe vom Werkstattteam aus Langenfeld und Hilden erwähnen. Sie kamen noch zu unmöglichen Zeiten in die Werkstatt und arbeiteten, um das Flugzeug wieder instand zu setzen. Ich denke nicht, dass das mein letzter Wettbewerb gewesen ist. Ich rate jedem Jugendlichen, sich bei so einem Wettbewerb zu beteiligen – ob als Rückholer oder als Pilot. Spaß macht es allemal.

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