Am 20. Juni startet unser Team in Venlo zum Wandersegelflug Richtung Osten: Marc Bickenbach, Richard Breum, Gerald Erndt, Klaus Kruber, Christian Ludloff und Christoph Welter fliegen die Euroglide.nl in einem Doppelsitzer vom Typ DuoDiscus und einem Einsitzer LS6-18 mit.
Es geht über Borkenberge nach Plock bei Warschau, von dort Richtung Südosten nach Krosno und wieder zurück – rund 2.420 Kilometer. Insgesamt sind rund 75 Flugzeuge bei der Euroglide am Start. Spätestens am 2. Juli sollen alle wieder in Venlo sein. Das Team berichtet hier von den Etappen.
19. Juni – Anreise
Anreisetag der Euroglide mit Kennenlernen, Briefing und Grillen – und der ersten spannenden Frage: Kommen wir am Montag vor der sich nähernden Regenfront rechtzeitig in die Luft und in das bessere Wetter im Osten? Um 10:00 Uhr soll das Feld aufgebaut sein, die reinen Segelflugzeuge starten als erste.
20. Juni – Neutralisiert
Nach einer kühlen Nacht ist die Front schon da – beim Briefing um 10:00 Uhr setzt Regen ein, und der Tag wird neutralisiert. Die Zeit wird für das Kartenstudium, technische Verfeinerungen und Kaffeetrinken im Bus genutzt. Dienstag soll das Wetter etwas besser werden – ab 11:00 Uhr ist der Start freigegeben. Jedes Team kann dann selbst über seinen Startort entscheiden und gegebenfalls Freikilometer aus seinem Kontingent einsetzen. Einige Teams haben sich bereits Richtung Osten verlegt – wir machen das nicht, da das schlechte Wetter Richtung Osten abzieht.
21. Juni: Venlo – Dinslaken
Weiterhin schwieriges Wetter – wir setzen unsere ersten Freikilometer ein, fahren nach Dinslaken und hoffen auf ein Wetterfenster, um zumindest die erste Wende Borkenberge zu erreichen. Nach unser Ankunft landen eine Reihe von Turbos und Selbststartern. Wir werden sehr nett empfangen – doch es reißt nicht auf, die Basis bleibt sehr niedrig, und am frühen Abend schauert es zeitweise heftig. Die Aussichten für Mittwoch sind besser, und so sitzen wir guter Dinge in der Flugplatzkneipe, beäugen die Wetterkarten und nebenbei läuft ein Fussballspiel.
22. Juni: Dinslaken – Schönhagen
Der Tag beginnt für rund 25 Eurogleiter in Dinslaken mit einer Führung durch die Flugzeugmanufaktur von Walter Extra. Um 10:30 Uhr startet dann der Duo mit Christoph und Marc, wenig später folgt Gerald in der LS6. Die Basis ist niedrig… Christian, Klaus und Richard stellen sich auf baldiges Einsammeln ein – und fahren rund eine Stunde später los. Ein paar Stunden später stehen sie bei Hannover im Stau, Duo und LS6 sind da schon in Sachsen-Anhalt. Gegen 18:30 Uhr landen sie auf dem Flugplatz Schönhagen südlich von Potsdam.
Für den dann folgenden supernetten Empfang hat sich die ganze Vorbereitung schon gelohnt: Flugleiterin Susann hilft beim Abstellen, versorgt uns mit kaltem Bier und stellt uns für die Nacht das gesamte Clubheim ihres Segelflugvereins zur Verfügung. Vielen vielen Dank!
23. Juni: Landung in Poznan-Bednary (PL)
Nach Frühstück auf der idyllischen Veranda der Schönhagener Segelflieger bekommen wir einen eigenen Briefingraum zur Vorbereitung, eine eigene Startbahn und werden herzlich verabschiedet – hier kommen wir wieder her! Es gibt sogar einen SG 38. Im Duo sitzen heute Christoph und Richard, die LS6 fliegt Christian. Start gegen 11:30 Uhr. Blauthermik mit Warmluftzufuhr macht uns das Leben nicht einfach, aber wir arbeiten uns immer weiter nach Osten vor. Gegen 17:00 wird die Thermik immer schwächer, und wir landen gemeinsam in Poznan-Bednary – noch rund 160 Kilometer bis zur Wende Block.
24. Juni: Aussenlandung in Polen
Christian und Richard im Duo, Gerald in der LS6 – nach dem Flug über die Oder gestern folgt heute der Flug an die Weichsel zur Wende Plock. Wir genießen den Blick den ursprünglichen Fluss und die Altstadt. Auf rund halber Strecke zur nächsten Wende Krosno dann am frühen Abend eine gemeinsame Aussenlandung auf einem schönen sandigen Acker. Die Einheimischen bringen per Motorrad umgehend eine Kiste kaltes Bier, helfen beim Schieben und nehmen im Cockpit Platz zum Erinnerungsfoto. Dann fahren wir zum Aeroclub Piotrkowskiej eine knappe Autostunde westlich und bekommen auch kurz vor Mitternacht noch Pizza und Bier.
25. Juni – Sommerhitze
Nach einer kurzen Nacht werden Flugzeuge und Mannschaft frühmorgens sorgfältig vom Ackerstaub des Vorabends befreit. Es wird schon am frühen Vormittag sehr heiß, es sind vereinzelt Gewitter angekündigt. Christoph und Marc im Duo und Gerald in der LS6 wollen sich zur Wende Krosno vortasten. Wir werden wieder herzlich verabschiedet, ohne jegliche Gebühren fürs Camping oder Abstellen entlassen – und zu einem künftigen Fluglager auf dem großen Platz ermuntert.
Die Thermik ist kräftig, es geht über 2.000 Meter, doch vor der Wende ist das Wetter dann schlecht und sie ist nicht erreichbar. Beide Flugzeuge landen deshalb aus größerer Höhe in Mielec, rund 70 Kilometer vor der Wende, dem entferntesten Punkt der Reise.
26. Juni – Kaltfront
Das Wetter macht uns Kummer – von Westen nähert sich rasch eine ausgeprägte Kaltfront; an der Wende soll es früh Gewitter geben. Es bilden sich schöne Cumulanten, die aber direkt überentwickeln. Montag ist dann im Bereich der Front nicht fliegbar. Wir beschließen, morgen hinter der Front zu starten und uns nach Leszno zu verlegen – ein legendäres Segelflugzentrum nördlich von Breslau. Leider ist die Autobahn vor Krakau gesperrt und es wird eine längere Fahrt. Doch als wir im letzten Dämmerlicht ankommen ist die Bar noch geöffnet.
27. Juni: Leszno – Schönhagen
Am Vormittag ist in Leszno keine Sonne zu sehen, gegen Mittag nieselt es sogar. Doch gegen 14.00 Uhr lockert es etwas auf. Christian startet mit der LS6, Marc und Richard fliegen den Duo. Nach einer halben Stunde und 20 Kilometer von Leszno müssen die beiden Eurogleiter unter abschirmender Bewölkung beinahe landen – behutsam können sie sich wieder in die Höhe tasten. Doch je weiter es nach Westen geht, desto besser wird das Wetter, die Überlegung vom Vortag erweist sich als richtig: Wir sind wieder im guten Wetter. Bei Zielona Gora ist der Duo zum zweiten Mal fast unten und gräbt sich nur langsam wieder aus. Christian wartet unterdessen geduldig über der Neiße. Flügel an Flügel fliegen LS6 und Duo schließlich wieder über die deutsch-polnische Grenze. Angepeilt wird Lüsse westlich von Berlin. Doch dann wird es für den Duo zum dritten Mal spannend, Marc und Richard sind wieder tief und steuern das näher gelegene Schönhagen an. LS6 und Duo rollen gemeinsam vor dem Vereinsheim der Schönhagener Segelflieger aus. Die Vereinstür ziert bereits der „Euroglide“-Aufkleber – denn hier war das Team schon auf dem Hinweg gastfreundlich empfangen worden.
28. Juni – Gegen den Wind
Das Frühstück auf der gemütlichen Terasse der Schönhagener Segelflieger hätten wir gern noch etwas ausgedehnt – aber wir müssen früh weiter, es bilden sich verheißungsvolle Wolken und die Vorhersage ist gut. Die Schönhagener organisieren unseren Start auf der Bahn 25 und wir müssen uns erneut aus ihrer rundum netten Obhut verabschieden. Wir kommen wieder! Um 11 Uhr startet Gerald in der LS6, Christoph und Marc pilotieren den Duo. Der Auftakt ist nicht einfach, und das Wetter wird im Tagesverlauf entgegen aller Erwartungen und trotz schöner Wolken nicht besser. Der Gegenwind ist kräftig, über den Cumulanten stehen regelmäßig Wellenwolken. Südlich von Hannover geht es schließlich nicht weiter, nach rund sechs Stunden Flugzeit landen LS6 und Duo schließlich in Hildesheim. Ein Duo aus dem Wettbewerb ist auch schon hier; wir teilen wir mit dem niederländischen Team unseren Rotwein, bekommen nützliche Sprachtipps und stellen uns nach den heißen Tagen in Polen auf eine kühle Nacht in Zelt und Hänger ein.
29. Juni – Sturm und Abschied
Über Mitteleuropa hat sich eine Westwetterlage eingestellt; Tiefausläufer und Zwischenhochs wechseln sich ab. Wir hoffen auf ein kurzes Zwischenhoch. Am Morgen weht uns ein Weststurm die Cornflakes aus dem Teller. In 1.000 Metern Höhe beträgt die Windgeschwindigkeit 50 Kilometer pro Stunde. Die Holländer rüsten ihren Duo ab und fahren nach Hause. Wir bereiten uns auf einen Start vor, erwägen, von den Ithwiesen aus im Hangflug weiter nach Westen zu fliegen und telefonieren mit den Plätzen auf Kurs. Am Mittag verschlechtert sich dann die Wetteroptik. Und die Aussichten für Donnerstag und Freitag sind nicht gut – wir beschließen, mit unseren erreichten Segelflug-Kilometern und wunderschönen Eindrücken und Begegungen zufrieden zu sein und mit den Flugzeugen im Hänger nach Hause zurückzukehren. Wenn kein reines Segelflugzeug der Euroglide mit den Freikilometern die Strecke schafft, und das ist unsere Annahme, zählt nicht die Zeit, sondern es zählen nur die geflogenen Kilometer. Bis das Ergebnis feststeht, werden aber noch einige Wochen vergehen, die Loggerdaten und Angaben der Piloten müssen jetzt ausgewertet werden. Für uns ist es ohnehin zweitrangig – es war ein unvergessliches Erlebnis.
Vielen, vielen Dank allen, die uns unterstützt haben, von der Transponderfrage bis zur Luftraumberatung – vor allem aber dem sehr geduldigen und umsichtigen Klaus, unser Rückholer, Koch, Mechaniker und Berater, ohne den es nicht möglich gewesen wäre, und allen Fliegern in Deutschland und Polen, die uns so herzlich aufgenommen haben.